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1. Das Onlinezugangsgesetz gilt als gescheitert. Ist die Digitalisierung der Verwaltungen auch in Sachsen zum Stillstand gekommen?

Auf den ersten Blick ist der Umsetzungsstand des OZG, der ja bereits Ende 2022 erreicht sein sollte, tatsächlich ernüchternd. Der negative Eindruck bestätigt sich allerdings nicht, wenn man etwas mehr in die Tiefe schaut. Heute sind viele Einzelmaßnahmen bereits mehrheitlich in der Umsetzung, die vor zwei Jahren noch in der Planung waren, etwa Dokumentenmanagementsysteme, die Digitalisierung regelmäßig verwendeter Dokumente oder die Anpassung von Verwaltungsprozessen an die digitale Welt. Auch anspruchsvolle Aufgaben, wie die Nutzung digitaler Geodaten, werden angegangen. Die Digitalisierung in den Kommunen stockt also nicht, sie geht ganz ordentlich voran. 

 

2. Was macht die Digitalisierung auf der kommunalen Ebene denn so kompliziert?

Es beginnt schon damit, dass es viele Beteiligte im Prozess gibt. Wir nennen das Multi-Level-Governance. Die Kommunen müssen auf die Vorgaben von Bund und Land achten und gleichzeitig die eigenen Bedürfnisse im Blick behalten und zwar durch alle Fachbereiche. Digitalisierung ist eine Querschnittsaufgabe, was die Lage besonders schwierig macht. Hier braucht es ein Change Management, dass sowohl offen für schrittweise Verbesserungen ist, an der richtigen Stelle aber auch einmal disruptive Veränderungen durchdrückt. Das geht natürlich nicht überall gleich gut und erfolgreich. Es braucht eine gewisses Mikropolitik und Fingerspitzengefühl. 

 

3. Kann hier der Gesetzgeber nicht besser steuern?

In der Vergangenheit kamen die wichtigsten Impulse für die Digitalisierung in den Verwaltungen nach unserer Wahrnehmung tatsächlich schwerpunktmäßig durch gesetzliche Vorgaben, also gewissermaßen "von oben". Wir sehen allerdings in unserer Studie zu unserer Freude mehr eigene Aktivitäten und mehr Motivation "von unten". Mehr und mehr entwickeln die Kommunen eine eigene digitale Kultur und treiben die Umstellung aus eigener Kraft voran. Diese verstärkte Bottom-up-Bewegung ist neu und macht uns zuversichtlich für den Berg an Aufgaben, der in diesem Feld noch zu erledigen ist.

 

4. Was hilft den Kommunen dabei, bei der Digitalisierung voranzukommen?

Besonders hilfreich erscheint es uns, wenn sich die Kommunen auf ihre Massenverfahren konzentrieren. Hier sehen die Kommunen den größten Nutzen und die größten Erleichterungen. Damit werden zugleich positive Beispiele geschaffen. Mit dem Schwung können dann auch Aufgaben angegangen werden, die kleinteiliger sind und geringere "Hebel" haben. Das gilt übrigens nicht nur für größere Gemeinden mit großen Verwaltungen, sondern ist unabhängig von der Einwohnergrößenklasse.

 

5. Und warum sind die Kommunen nicht schon weiter vorangekommen? Was behindert sie?

Ganz klar sind es die personellen Ressourcen, an denen es fehlt. Bei Hardware und Software sind die Kommunen schon recht gut aufgestellt, wobei es auch hier Lücken gibt. Aber beim Personal gibt es kaum Kommunen, die sich ausreichend ausgestattet sehen. Es geht auch weniger um die Zahl der Köpfe, sondern vielmehr um die Qualifikation des bestehenden Personals mit Blick auf digitale Themen. Da braucht es im Zuge des Change Management viel Weiterbildung und Überzeugungsarbeit. An dieser Stelle setzen übrigens auch niedrigschwellige Hilfsangebote an, wie die Digital Lotsen, die sich wachsender Beliebtheit erfreuen. Unsere Studie zeigt klar auf, dass es nicht nur die die IT-Spezialisten braucht, sondern das gesamte Personal fit für die digitale Verwaltung gemacht werden muss.

 

Link zur KOMKIS Analyse Nr. 23 „Der große Klick 2.0“